Nach 15 Jahren: Schließung des Forums Campanologie – ein Nachruf und Ausblick

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Am 8. Juni 2005 gründete der Verfasser das Forum Campanologie mit dem Ziel des fachlichen Austausches von Glockenforschern, Glockensachverständigen, Glockengießern und Glockenfreunden. Es war die erste internetbasierte Plattform zum Austausch von Informationen und zur Diskussion über campanologische Themen. Die Plattform bot die Möglichkeit zur Ablage von Dateien, die Führung eines Kalenders zu campanologischen Veranstaltungen sowie die Möglichkeit Chats durchzuführen. Die Hauptkommunikation lag auf der Ebene einer Newsgroup, also dem Austausch per Email gleich einer Mailingliste sowie in den ersten Jahren einem monatlichen Chatstammtisch – danach vom Plattformanbieter gestrichen.
Am 15. Dezember 2020 musste das Forum mit seinen 120 internationalen Mitgliedern leider geschlossen werden, da der Betreiber den Service ersatzlos einstellte und eine Migration auf eine andere Plattform nicht möglich war.

 

Ein Rückblick
Glockentag Köln mit Dombaumeisterin Prof. Dr. Barbara Schock-Werner

Das Forum war zu Beginn ein lebendiger, virtueller Ort für Diskussionen und Austausch rund um das Thema Glocke. So wurden unter den Mitgliedern aktuelle Glockenprojekte diskutiert, eigene Forschungsarbeiten vorgestellt, Glockentonaufnahmen besprochen, Fragen der Mitglieder diskutiert, Glockendaten gesammelt, Werkverzeichnisse erstellt und vieles mehr. Der Verfasser war in den ersten Jahren zudem bemüht, regelmäßig die neusten Nachrichtenmeldungen über Glocken aus den Medien zu sammeln und über das Forum mitzuteilen. Dieser Service musste aufgrund hoher Arbeitslast allerdings eingestellt werden.

Läutende Petersglocke im Kölner Dom

Schnell bestand der Wunsch auch direkten Austausch zu leben und in Form von Fachexkursionen sich persönlich zu begegnen. Bereits nach dem ersten Gründungsjahr sollte der Versuch einer ersten Exkursion mit einem teilweise erstmals persönlichen Kennenlernen der Mitglieder untereinander realisiert werden. Als erstes Ziel wurde in einer Umfrage Köln anvisiert durch verkehrstechnisch gute Anbindungen sowie campanologisch interessante Ziele. Am 14. Juni 2006 fand der erste Glockentag des Forums in Köln statt. Der Termin war gewählt, da an diesem Tag turnusmäßig die Wartungsarbeiten am Geläut des Kölner Doms stattfinden und das Geläut entsprechend oft zu Gehör gebracht wird. Nach Absprache mit der Dombauverwaltung konnte den Teilnehmern wahlweise ein Aufenthalt in der Glockenstube bzw. auf dem Balkon des Domforums für entsprechende akustische Erlebnisse ermöglicht werden. Umfangreiche Planungen gingen diesem Glockentag voran, so dass den Mitgliedern ein reichhaltiges Programm angeboten werden konnte. Zahlreiche Glockenstuben konnten bestiegen und die Geläute akustisch präsentiert werden, unter anderem in den Kirchen St. Aposteln, St. Mauritius und St. Kunibert. Der Abend brachte den Höhepunkt. Die damalige Dombaumeisterin Frau Prof. Dr. Barbara Schock-Werner konnte für eine Führung gewonnen werden. Mit ihr unternahmen die Teilnehmer eine Exkursion über die Dächer des Kölner Doms mit Besichtigung des Hauptgeläutes und des Dachreitergeläutes. Den Abschluß bildete das Anhören des Vollgeläutes in der Glockenstube des Doms.

Nächtliche Tonaufnahmen am Trierer Dom im Garten des Dompropstes
Turmstubenaufstieg in der Gruppe

Als Erfolg aus dem ersten Glockentag folgten über die Jahre zahlreiche weitere, mehrtägige Exkursionen und Tagungen, so beispielsweise in Trier, Luxemburg, Halberstadt und Quedlinburg etc. um die dortige Glockenlandschaft näher kennen zu lernen und zum weiteren persönlichen Austausch der Mitglieder beizutragen. Insbesondere die Exkursion nach Halberstadt wird dabei den Teilnehmern in besonderer Erinnerung bleiben. Für die Begleitung der Exkursionsgruppe konnte der Verfasser den damaligen Oberbürgermeister von Halberstadt, Herrn Dr. Harald Hausmann durch persönlichen Kontakt gewinnen. Herr Dr. Hausmann war maßgeblich an der Initiative zur Instandsetzung und Ergänzung der Geläute von Dom und St. Martini zu Halberstadt beteiligt. Auch der direkt auf dem Domplatz ausgeführte Glockenguss der über 8 Tonnen schweren Glocke „Domina“ im Jahre 1999 geht auf sein Engagement zurück und brachte ihm den verdienstvollen Namen „Glockenvater“ weit über die Stadtgrenzen hinaus ein. Nicht nur wegen dieser Begegnung bleibt die Haberstädter Exkursion in besonderer Weise mit dem Forum verbunden, sondern auch weil die Exkursionsteilnehmer unmittelbar die Ersten waren, die leider erhebliche Schäden an mehreren Halberstädter Glocken feststellen mussten, ausgelöst durch ein eine Woche zuvor stattgefundenes Perkussionskonzert mit den Glocken der Stadt. Infolgedessen musste eine Glocke unmittelbar stillgelegt werden, zahlreiche weitere Glocken waren durch äußerliche Hammerschläge schwer beschädigt worden. Über die Folgen dieses perkussiven Konzert-Angriffs wurde bundesweit medial berichtet und auch die Justiz hatte sich damit zu beschäftigen.

Identifizierung schadhafter Glocken im Halberstädter Dom

Manch campanologische Schätze wurden von den Mitgliedern über die Jahre zu Tage gefördert, Fachwissen vielfältig ausgetauscht, Literatur und Läuteordnungen diskutiert und besprochen sowie Neuigkeiten aus der Welt der Glocken ausgetauscht. Das Forum bot dazu beste Möglichkeiten sowohl im virtuellen Raum als auch im persönlichen Austausch bei den Glockentagen.

Glockentagung in Halberstadt. Ausblick von St. Martini auf den Dom

Technisch konnte das Forum von Seiten des Verfassers nicht weiterentwickelt werden, weil der Dienstanbieter diese Möglichkeiten nicht vorsah. Die neuen über die Jahre entwickelten internetbasierten Kommunikationsmethoden haben sicherlich dazu beigetragen, dass der Dienstanbieter am Ende einen Betrieb dieser Plattform nicht mehr als wirtschaftlich ansah und den Dienst zum 15. Dezember 2020 einstellte. Die Migration auf eine andere Plattform war leider nicht möglich, wodurch das Ende des Forums Campanologie zunächst besiegelt ist.

 

Ein Ausblick

Welche Möglichkeiten kann es zukünftig geben, einen fachlichen Austausch durch virtuelle Kommunikation zu verwirklichen?

Die Corona-Pandemie hat eindringlich gezeigt wie wichtig die Kommunikation über virtuelle Medien ist, wenn ein persönliches Zusammentreffen nicht möglich ist. So mussten Kolloquien, Tagungen, Exkursionsfahrten vielfach abgesagt werden. Um einen fachlichen Informationsaustausch auch in Zukunft in regelmäßiger Form im Bereich der Campanologie stattfinden lassen zu können wird an Lösungsmöglichkeiten gearbeitet. Der Verfasser ist bestrebt über die Plattform des Deutschen Glockenmuseums zukünftig den virtuellen Informations- und Diskussionsaustausch stärker in den Blick zu nehmen. Als Vorstandsmitglied des Deutschen Glockenmuseums (DGM) möchte der Verfasser zusammen mit den Vorstandskollegen innerhalb des DGMs beraten, wie virtuelle Angebote (virtuelle Kolloquien, Internetforum, Maillinglisten etc.) zukünftig über das DGM angeboten werden können. Dies wird nicht allzu schnell umsetzbar sein, aber sicherlich realisiert werden.

Viele Kontakte der Forumsmitglieder werden auch weiterhin untereinander bestehen bleiben, so dass das Forum auch im Hinblick einer so wichtigen Aufgabe wie der Netzwerkbildung erfolgreich sein konnte. Zukünftige virtuelle Angebote im Fachbereich der Campanologie wird der Verfasser daher anhand seines aufgebauten Netzwerkes und auf dieser Internetseite gerne veröffentlichen.

 

Historische Aufnahme zur Glockentagung in Halberstadt: Feststellung einer gesprungenen Glocke im Dom