Gestern erhielt der Verfasser die traurige Nachricht, dass der Campanologe und Theologe, Verwaltungsoberrat a. D. Herr Jörg Poettgen am Montag, den 27. Oktober im Alter von 75 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben ist.
Jörg Poettgen galt nach über 30 Jahren campanologischer Forschung als wohl profundester Kenner der rheinischen Glockenkunde, was sich in einer Vielzahl von Veröffentlichungen und Vorträgen ausdrückte. Im Jahre 2005 legte er nach über 20-jähriger Forschung sein Buch 700 Jahre Glockenguß in Köln. Meister und Werkstätten zwischen 1100 und 1800 vor, welches bereits als Standardwerk der Campanologie gilt.
Neben der rheinischen Glockenkunde beschäftigte er sich immer wieder mit nationalen Themen der campanologischen Forschung, wie etwa mit vergleichenden Studien zu Bienenkorbglocken oder Pilgerzeichen und erlangte insbesondere auch in Kreisen der Pilgerzeichenforschung ein hohes wissenschaftliches Ansehen. In seiner Tätigkeit war er Gast und Vortragender bei vielen nationalen und internationalen Kolloquien. Von deutscher Seite aus bereitete er den Weg für die im Jahre 2013 im polnischen Bydgoszcz (dt. Bromberg) erstmalig stattgefundene internationale Tagung Glocken im christlichen Europa.
Sein großes campanologisches Engagement drückte sich ebenfalls in seiner jahrzehntelangen Tätigkeit im Vorstand und wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Glockenmuseums sowie als Mitherausgeber des Jahrbuches für Glockenkunde aus.
Den letzten viel beachteten öffentlichen Vortrag hielt Jörg Poettgen auf dem diesjährigen 22. Kolloquium zur Glockenkunde Anfang Oktober in Bamberg mit dem Thema Susanna – die größte historische bayerische Glocke und die Fragen um ihre Geschichte, indem er beeindruckende Erkenntnisse lieferte und neue Forschungsfragen aufwarf.
Der Verfasser ist Jörg Poettgen zu großem persönlichen Dank verpflichtet, da er über viele Jahre hinweg von ihm lernen durfte. Er war ein uneigennütziger und stets hilfsbereiter Mensch, der durch kluge Ratschläge und Hinweise zu einigen Forschungsergebnissen des Verfassers beigetragen hat. Jörg Poettgen war es nicht mehr vergönnt, eine bereits begonnene campanologische Forschungsarbeit mit einer grundlegenden Vergleichsstudie weiterzuführen und übergab daher sein bisher gesammeltes Material dem Verfasser, der diese Arbeit in seinem Angedenken weiterführen und abschließen wird.
Die Campanologie verliert mit Jörg Poettgen einen bedeutenden Wissenschaftler mit Scharfsinn und Detailkenntnis, der stets kollegial und uneigennützig Unterstützung und Hilfe bot. Er wird nicht nur durch sein profundes Wissen fehlen, sondern insbesondere als Mensch. Das Mitgefühl gilt in diesen Tagen seiner Familie.
Eine umfangreiche Bibliographie zur wissenschaftlichen Arbeit von Jörg Poettgen ist zu finden in:
Varia Campanologiae studia cyclica. 25 Jahre Deutsches Glockenmuseum auf Burg Greifenstein. Zugleich eine Festschrift für Jörg Poettgen zur Vollendung des 70. Lebensjahres, hg. von Konrad Bund und Rüdiger Pfeiffer-Rupp mit Unterstützung von Jan Hendrik Stens. Greifenstein 2009.