Auguste-Viktoria-Glocke erklingt seit dem Zweiten Weltkrieg erstmals wieder über Berlin

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Die ehemalige Gnadenkirche von Berlin-Mitte

Am Freitag, den 28. Juni findet eine lange Geschichte ihren Abschluss. Die bekannte Auguste-Viktoria-Glocke von Berlin erklingt erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder über der Stadt. Warum die Glocke so lange schweigen musste, erfahren Sie in diesem Artikel.

Die Geschichte beginnt mit der Grundsteinlegung der ehemaligen Gnadenkirche am 11. Juni 1890 im Invalidenpark von Berlin-Mitte. Der Name Gnadenkirche  erklärt sich aus der kostenlosen Überlassung des Baugrundstücks im Invalidenpark durch das Deutsche Reich an den Staat Preußen und ein „Gnadengeschenk“ des Kaiserhauses von 300.000 Mark. Der Bau selbst war der Erinnerung an die kurz zuvor verstorbenen Kaiserin Augusta gewidmet und wurde daher auch Kaiserin-Augusta-Gedächtniskirche genannt. Eingeweiht wurde die Gnadenkirche am 22. März 1895 in Anwesenheit des Kaiserpaares.
Die Kirche erhielt zu dieser Zeit ein innovatives Gussstahlgeläut des Bochumer Vereins für Gußstahlfabrikation, welches im Jahre 1893 in der Disposition b° – des‘ – fes‘ gegossen wurde (die Glocken tragen allerdings als Gussdatum 1894, das Jahr ihrer Weihe). Aufgrund der Verbindung des deutschen Kaiserpaares zur Kirche, stiftete Kaiserin Auguste Viktoria die mittlere Glocke. Da die Auguste-Viktoria-Glocke sowohl klanglich als auch künstlerisch sehr gut geraten war, wurde sie vor ihrer Installierung im Kirchturm der Gnadenkirche im Jahre 1893 auf der Weltausstellung in Chicago präsentiert.  Zurück in Berlin wurden alle drei Glocken in den Turm verbracht, wo sie bis zur Zerstörung der Kirche im Zweiten Weltkrieg läuteten.

Auguste-Viktoria-Glocke auf dem Invalidenfriedhof (Photo: Burkhart Rüchel under Creative Commons License 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/)

Nach Ende des Krieges verfiel die Kirche zusehendst, vor allem als das Kupferdach gestohlen wurde, so dass die Kirche schließlich im Jahre 1967 gesprengt wurde. Von den ursprünglich drei Glocken überlebte nur die Auguste-Viktoria-Glocke. Sie sollte schließlich mit dem Einverständnis des Gemeinderats verschrottet werden und wurde auf einen Schrottplatz in Berlin-Weißensee verbracht. Dort entdeckte sie der Pfarrer von Berlin-Malchow, erwarb sie als privater Käufer und bewahrte sie auf seinem Grundstück auf. Als er 1979 nach Thüringen versetzt wurde, nahm er das 1.500 kg schwere Instrument mit. Zur Jahreswende 1989/1990 kaufte die Gemeinde Wattenscheidt-Leithe dem Pfarrer die Glocke ab, ließ sie bei Krupp restaurieren und stellte sie im Vorgarten aus. Auf Gesuch der Berliner Sophiengemeinde konnte die Glocke im Jahre 2011 wieder nach Berlin zurückkehren, wo sie auf dem Invalidenfriedhof aufgestellt wurde.

Dank der Sophiengemeinde wurde jetzt ein Glockenturm auf dem Invalidenfriedhof gebaut, von dem aus zukünftig die Auguste-Viktoria-Glocke wieder erklingen wird.

Am kommenden Freitag, den 28. Juni wird die Glocke im Rahmen einer Andacht auf dem Invalidenfriedhof um 9.30 Uhr das erste Mal seit über 60 Jahren wieder über Berlin erklingen.

Schulter und oberer Flankenbereich der Auguste-Viktoria-Glocke
(Photo: Norbert Radtke under Creative Commons License 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/)

 

Flanke der Auguste-Viktoria-Glocke
(Photo: Norbert Radtke under Creative Commons License 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/)