Die Glocke ist an ihrer Krone mit Eisenbändern am drehbar gelagerten Tragbalken, dem so genannten Joch befestigt. Dieses Glockenjoch kann sowohl aus verschiedenen Materialien als auch in verschiedenen Ausführungen konstruiert sein. Im nachfolgenden Text soll hierzu ein kurzer Überblick gegeben werden.
Holzjoch vs. Stahljoch
Bei der Materialwahl von Glockenjochen sind sowohl Holz- als auch Stahljoche anzutreffen. Heutzutage sollten allerdings nur noch Holzjoche Verwendung finden, die aus Eiche oder Lärche gefertigt sind. Der Vorteil eines Holzjoches liegt neben der in der Regel längeren Haltbarkeit gegenüber einem Stahljoch vor allem in den den Glockenklang positiv unterstützenden Eigenschaften. Ein Joch aus Holz verhindert die Übertragung von Körperschall auf den Glockenstuhl, so dass sich die Klangfülle der Glocke besser entfalten kann.
Die richtige Holzwahl unterliegt der DIN 4074 „Sortierung von Holz nach der Tragfähigkeit“. Zur Verwendung darf nur gut abgetrocknetes Holz kommen, da sich ansonsten bei zu großer Holzfeuchte Verformungen und Risse bei der Nachtrocknung einstellen. Ein vollständig abgetrocknetes Holz wird bei einem neuen Joch schon aufgrund des hohen Preises nicht verarbeitet werden können. Eine gewisse Nachtrocknung ist daher in der Regel immer gegeben. Dies bedingt allerdings nach Einbau eines neuen Holzjoches mindestens im ersten Jahr eine regelmäßige Kontrolle des Joches sowie ein Nachspannen der Verbindungen. Gibt es die Möglichkeit ein historisches Holzjoch wieder zu verwenden, so ist dies in jedem Falle – auch bei Preisgleichheit zu einem neuen Joch – vorzuziehen. In vielen Fällen handelt es sich bereits um ein denkmalwertes Joch, welches zudem über die Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte vollständig durchgetrocknet ist.
Das Joch sollte möglichst aus Vollholz bestehen. Es ist allerdings auch möglich, das Glockenjoch aus Leimbindern herzustellen. Hierzu werden einzelne Holzbohlen in mehreren Schichten aufeinander geleimt und verpresst.
Das Kopfholz
Holzjoche verfügen in der Regel über ein so genanntes Kopfholz, welches zusätzlich auf das Joch aufgesetzt ist. Das Kopfholz stellt ein Obergewicht dar, welches insbesondere den Läuterhythmus bzw. die Anschlagszahl beeinflusst. So kann beispielsweise durch ein schweres Kopfholz die Anschlagszahl gesenkt werden, um einen langsameren Läuterhythmus zu erhalten. Dies kann durch verschiedene Gründe nötig sein.
Bei Stahljochen kann entsprechend Gewicht auf den Stahlträger gesetzt werden, um eine Beschwerung des Joches zu erreichen.
Gerades vs. verkröpftes Joch
Grundsätzlich sollte eine Glocke immer an einem geraden Joch, möglichst aus Holz gefertigt, hängen. Nur so kann die Glocke ihren vollen Klang entfalten.
Um die Belastung des Glockenstuhls oder des gesamten Turmes durch das Glockengeläut zu minimieren, kann es notwendig sein, eine Glocke unter bestimmten Voraussetzungen an ein gekröpftes Joch (auch gestelztes Joch) zu hängen. Das Joch ist dabei nicht gerade, sondern U-förmig gebogen. Hierdurch schwingt die Glocke um die tiefergelegene Achse näher an ihrem Schwerpunkt und schlägt somit schneller an. Eine sehr starke Kröpfung hingegen verlangsamt die Glocke. Der Dopplereffekt wird hierdurch ebenso stark verringert wodurch es zu einem nicht natürlichen und weniger lebendigen Läuteverhalten kommt.
Ab einem gewissen Grad der Verkröpfung wird aufgrund des verändertes Drehpunktes der Glocke aus dem fliegenden ein fallender Klöppel, welches in der Regel zu erheblichen Klangeinbußen führt. Um dieses in einem gewissen Grad zu kompensieren, kann ein Gegengewichtsklöppel (physikalisch falsch auch gerne als Reversionsklöppel bezeichnet) eingesetzt werden. Aber auch hierbei ist das Klangergebnis deutlich gemindert, da besonders die tontieferen Teiltöne nicht optimal erregt werden. Neben den klangmusikalischen Nachteilen eines gekröpften Joches gibt es weitere Nachteile, die im folgenden kurz erläutert werden sollen:
- Durch den Einsatz eines Gegengewichtsklöppels bei verkröpften Jochen leiden die Anschlagflächen an den Glocken unter einer übermäßig starken Beanspruchung. Hierdurch kommt es zu einer allzu starken Schädigung und Abnutzung dieser Fläche. Zudem erhöht sich durch den Einsatz der Gegengewichtsklöppel die Sprunggefahr der Glocke.
- Bauartbedingt leiden bestimmte Typen verkröpfter Stahljoche unter einer hohen Materialermüdung, weshalb es vielfach zu Rissen in den Stahljochen kommt. Meistens besteht dann Absturzgefahr der Glocke, was bereits in zahlreichen Fällen zu verzeichnen war.
Bestimmte Typen verkröpfter Joche wegen ihrer konstruktiven Probleme als „technische Zeitbomben“ zu benennen, erscheint daher angesichts der Schadensliste mit abgerissenen Kronenteilen und abgestürzten Glocken in der Vergangenheit nicht überzogen.
Die meisten Jochverkröpfungen, die sich heute noch in den Türmen finden lassen, sind allerdings aus ideologischen Gründen erfolgt. Oftmals wurden Glocken aus Ersatzwerkstoffen (vornehmlich Stahl- und Eisenhartgussglocken) an verkröpfte Stahljoche gehängt, da sie für ihre Bestimmungstürme als zu groß und zu schwer ausgelegt wurden. Um die dynamische Belastung des Glockenturmes zu mindern, wurden die Glocken an verkröpfte Joche gehängt und ein schlechtes Klangbild des Geläutes in Kauf genommen.
Dass Glocken heutzutage wegen statischen und baudynamischen Problemen des Glockenturmes an verkröpfte Joche gehängt werden müssen, sollte eine Ausnahme bleiben, da es neben diesem allerletzten Mittel auch andere Möglichkeiten gibt. Welche dies sind, lesen Sie im Kapitel Turmschwingung.
Hörbeispiele
Um Ihnen den Klangunterschied mit verschiedenen Jochkonstruktionen deutlich zu machen, geben Ihnen nachstehende Videos einen Höreindruck.
Klangbeispiel einer Glocke mit verkröpftem Stahljoch und Fallklöppel
Klangbeispiel einer Glocke mit verkröpftem Stahljoch und Gegengewichtsklöppel
Klangbeispiel einer Glocke mit geradem Holzjoch
Klangbeispiel eines sanierten Geläutes (vorher: gekröpfte Joche mit Fallklöppel, nachher: gerade Joche mit Fliegklöppel)