Ausgebaute und verschlissene Klöppel

Heiliger Bimbam – Viel zu viele Glocken leiden unter schlechten Klöppeln

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Petersglocke des Kölner Doms
Petersglocke des Kölner Doms mit 24.000 kg – altes Klöppelgewicht 800 kg

In dieser Woche titelte Der Spiegel in seiner Ausgabe auf Seite 120 unter der Überschrift Heiliger Bimbam. Tausende Glocken in deutschen Kirchen sind marode – oft schlagen zu schwere Klöppel sie kaputt.

Im Artikel werden die prominenten Beispiele des Klöppelbruchs der Kölner Petersglocke sowie die Kronenreparatur der Johannesglocke im Dom zu Meißen herausgehoben und beschrieben.
Der Bruch eines Klöppels ist jedoch nichts ungewöhnliches und kann im Rahmen der Materialermüdung durchaus einmal passieren. Viel interessanter ist das Reparaturverfahren, welches zur Kronenreparatur in Meißen im Jahre 2010 angewandt wurde. Bei diesem neuen Reparaturverfahren, welches von Wissenschaftlern des Instituts für Werkstoffkunde der Leibniz Universität Hannover entwickelt wurde, wurde die Glockenkrone im Turm mittels eines Wasserstrahlschneidverfahrens herausgetrennt. Eine neu gegossene Glockenkrone wurde sodann nicht angeschweißt, sondern angeschraubt! Ein ähnliches Reparaturverfahren wurde beispielsweise bereits 1998 an einer Glocke der Prager Dominikanerkirche St. Äegidien angewandt. Dabei wurde die neue Krone jedoch direkt auf die plan geschliffene Haube aufgesetzt ohne diese vorher zu entfernen. Bei der Reparatur der Johannesglocke wurden zahlreiche Prüfverfahren im Vorhinein angewendet um sicher zu gehen, dass die neue Glockenkrone die Belastungen beim Läuten verträgt, zumal das 7.820 kg schwere Instrument weiterhin an einem gekröpften Stahljoch läutet, welches die einwirkenden Kräfte auf die Krone zusätzlich erhöht. Wie dieses neue Reparaturverfahren zu bewerten ist, bleibt allerdings noch abzuwarten. Erst das längerfristige Monitoring wird zeigen, ob sich das Reparaturverfahren mit der Anschraubung einer Krone als sinnvoll und sicher erweist.
Nach Abschluß des Reparaturverfahrens der Meißener Johannesglocke fand ein Fachkolloquium statt, indem die bis dahin gewonnenen Ergebnisse präsentiert wurden. Nachzulesen sind diese in Monumenta Misnensia. Jahrbuch für Dom und Albrechtsburg zu Meißen. Band 10. 2011/2012.

Ausgebaute und verschlissene Klöppel
Ausgebaute und verschlissene Klöppel

Der aber wohl wichtigste und brisanteste Aspekt des Artikels wird lediglich in einem Satz abgehandelt: Immer noch leiden viel zu viele Glocken unter schlechten Klöppeln. Diese Aussage kann ich selbst nur unterstreichen. Der Spiegel-Artikel nennt allerdings nur eine Seite der Medaille, nämlich Klöppel die aufgrund ihrer Dimensionierung die Glocke zu stark belasten und schädigen. Ich denke, dass man damit nur in Teilen der Klöppelproblematik gerecht wird, denn viel zu viele Klöppel erregen die Glocke musikalisch einfach viel zu schlecht.  Glocken werden durch zu schlecht dimensionierte Klöppel nicht nur geschädigt, oftmals sind die Klöppel die Ursache für den schlechten Klang einer Glocke. Zu schnell werden Glocken als zu schlecht klingend abgetan, dabei ist die Ursache oftmals an anderer Stelle zu suchen. Denn der richtige Klöppel macht erst zu einem großen Teil die Musik!
An dieser Stelle ist auf unseren Kirchtürmen in der Tat noch sehr viel Arbeit zu leisten, um den Bestand an Kirchenglocken dauerhaft vor Schäden zu bewahren und insbesondere den Klang der Glocken zu verbessern. Wichtig ist die richtige Klöppeldimensionierung und Massenverteilung mit der entsprechenden Klöppelform. Jeder Klöppel muss dabei individuell auf die Glocke, das Joch und die Läuteparameter abgestimmt werden. Ein Klöppel kann von seinem Aufbau her sowohl mehr auf die Schonung einer Glocke als aber auch auf die musikalische Qualität des Instrumentes hin optimiert werden. Oftmals muss jedoch der Mittelweg gegangen werden, was in Augen des Verfassers nicht immer optimal ist. Eine Glocke ist schließlich ein Instrument und sollte musikalisch möglichst perfekt erklingen.
Es bedarf bei dieser Problematik in jedem Fall eines kompetenten Glockensachverständigen mit Ohr- und Augenmaß, der sowohl die Klangeigenschaften einer Glocke als auch die Konstruktion eines Klöppels beurteilen kann.